Zucker wird uns unter vielen Namen untergejubelt

Als ich mal in Thailand war, habe ich dort eine Entgiftungskur durchgeführt. Dabei trank ich 5 Betonit Shakes am Tag (die reinigen den Darm) und führte ein Colonics (Darmreinigung) pro Tag durch. Dazu gab es Kräutertees, aber nichts Festes. Am Ende der 3 Tage durfte ich mir wieder mit ein wenig Obst meinen Magen füllen. Abgesehen von der tollen Erfahrung sich den ganzen Tag nicht ums Essen kümmern zu müssen und der reinigenden Wirkung im Darm, gab es auch noch das Phänomen, das ich den Zucker in den gekochten Speisen ab dann sehr gut herausschmecken konnte. Das ging sogar so weit, dass ich einzelne Gerichte, die ich davor als schmackhaft empfand, nicht mehr essen konnte weil ich nichts anderes als süß süß süß schmeckte.

Ich kam dann nach Hause und führte auch dort einen relativ zuckerfreien Alltag weiter; soweit das heutzutage überhaupt noch möglich ist (dazu später mehr). Dann überkam mich so ein Bedürfnis Kindheitserinnerungen aufzufrischen und ich kaufte mir Miracoli Spaghetti. Das sind die, wo die Tomatensauce in einem Beutel drinnen ist und dann schmeißt man noch die mitgelieferten trockenen Kräuter dazu, kocht das mit Wasser auf und fertig ist die Sauce. Ja ich weiß, klingt schon total natürlich und gesund.

Ich hatte die Sauce bis dahin immer sehr gern gegessen. Ich konnte es nicht so genau erklären, aber irgendeine geheime Zutat ließ die Tomatensauce meinem Gehirn mitteilen: Lecker, mehr davon. Nach den ersten Bissen war klar, die geheime Zutat war… tata… Zucker. Ich konnte ihn ganz deutlich rausschmecken und es war einfach nur widerlich. Interessant finde ich daran, dass ich davor geschworen hätte, dass die Sauce sehr würzig und gschmackig ist und die geheime Zutat irgendwas mit den Kräutern zu tun hat. Erst nachdem ich mich ein wenig vom Zucker entwöhnt hatte, schmeckte ich ihn auch wieder eindeutig raus.

Die Möglichkeit, jedes einfache Nahrungsmittel durch Süßung mit Zucker in ein Genußmittel verwandeln zu können, steigert seine Verwendung als lusterzeugenden Stoff fast ins Unbegrenzte.

Dr.M.O. Bruker: Zucker und Gesundheit. Schwabe & Co. 1967

Wo ist überall Zucker drin ?

In den gekauften Produkten vom Supermarkt von nebenan, ist so gut wie überall Zucker drin. Teilweise wird Zucker für die Haltbarkeit benötigt (zB bei Marmelade). Er wird aber auch in pikanten Speisen in großen Mengen eingesetzt, da es den Geschmack vollmundiger macht (Senf, Wurst, Fertiggerichte). Zucker eignet sich daher auch hervorragend um minderwertige Rohstoffe zu kaschieren und einen besonderen Geschmack vorzugaukeln. Da wir insgesamt zuviel Zucker zu uns nehmen, schmecken wir diesen dann auch nicht mehr aus dem Produkt heraus.

Wieviel Zucker ist in unseren gekauften Produkten ?

Diese Frage zu beantworten wird uns von den Herstellern so schwer wie möglich gemacht. Es wird zB auf eine Menge von XX Gramm der Kohlenhydratanteil rausgerechnet, aber wer rechnet sich das dann schon auf das gesamte Produkt auf oder auf die jeweilige Portion um? Oder es werden 10 andere Namen für Zucker verwendet, oft sogar im selben Produkt.

Der allseits beliebte Würfelzucker-Vergleich veranschaulicht immer noch am Besten wieviel Zucker in einzelnen Produkten zu finden ist. Hier ein paar Beispiele:

Eine Portion gezuckerte Frühstücksflocken oder Knuspermüsli (30 Gramm) enthält bis zu 14 Gramm Zucker (bis zu 5 Stück Würfelzucker).
In einem Esslöffel Tomatenketchup (20 Gramm) verstecken sich 6 Gramm Zucker (2 Zuckerstücke).
Ein Müsliriegel (25 Gramm) enthält 12 Gramm Zucker (4 Zuckerstücke).
Ein Becher Kinderjogurt (125 Gramm) enthält 21 Gramm Zucker (7 Zuckerstücke), eine Kinder-Milchschnitte 10 Gramm Zucker (3 Zuckerstücke).

In den weiterführenden Links gibt es einen Beitrag, der bei vielen bekannten Produkten veranschaulicht wieviel Zuckeranteil / wieviel Stück Würfelzucker / welche Zuckerarten diese enthalten. Siehe „So viel Zucker steckt in Lebensmitteln“. Auch die Milchschnitte hat sich einen extra Link für ihren Zuckergehalt verdient.

Wie kann ich übermäßigem Zucker in den gekauften Produkten aus dem Weg gehen ?

Mit ein bißchen Übung wird das Durchlesen der Inhaltsstoffe mit Röntgenblick zu einem interessanten Aha-Erlebnis, das nicht mal die Tricks und Verschleierungstaktiken der Hersteller trüben kann.

Was auch immer vorne drauf steht: kalorienreduziert, weniger Zucker, keine Süßstoffe etc. muss bei den Inhaltsstoffen erst bewiesen werden. In der Zutatenliste müssen alle Zutaten eines Lebensmittels in mengenmässig absteigender Reihenfolge angeführt werden. Steht Zucker gleich am Anfang, ist viel Zucker drinnen. Oft sind aber verschiedene Zuckerarten in einem Produkt, zum Beispiel Fructose, Invertzuckersirup, Honig etc. sodass Zucker dann nicht an erster Stelle steht, da die einzelnen Stoffe aufgesplittet werden.

Welche Namen hat Zucker noch ?

Da wären:

  • Saccharose: Rüben-, Rohr-, Haushaltszucker, Kristallzucker
  • Fructose (Fruchtzucker): Das Monosaccharid Fruktose zeichnet sich durch die höchste Löslichkeit und Süßkraft aller Zucker aus und kann zudem mehr (Luft-)Feuchtigkeit aufnehmen. Besser als alle anderen Zuckerarten sorgt Fruktose dafür, dass Backwaren gut bräunen und sich ein angenehmes Aroma bildet. Süßt man etwa Speiseeis mit Fruktose, wird es besonders cremig und es gefriert optimal.
  • Dextrose, Glucose, Traubenzucker: Dextrose bzw. Glukose ist zwar wie die Fruktose ein Monosaccharid, unterscheidet sich aber deutlich von ihr. Sie ist weniger gut löslich und verfügt über eine geringere Süßkraft. In Backwaren wird Dextrose zur Optimierung der Hefegärung verwendet, in Sport- und Energy-Produkten kommt sie als schnell verfügbares und weniger süßes Kohlenhydrat zum Einsatz. Dextrose ist aus billigem Mais produziert: Die Maisstärke wird in ihre Einzel-Moleküle gespalten, in den Zucker Dextrose.
  • Invertzucker: oder Invertsirup ist ein Gemisch aus Frucht- und Traubenzucker.
    Das ist ein Sirup, der aus ganz normalem Haushaltszucker gewonnen wird. Er wird chemisch gespalten, doch bleibt er im Prinzip „Zucker“. Der Name Invertzuckersirup verschleiert das.
  • Glucosesirup: Glukosesirup, Fruktosesirup oder Maltosesirup werden nicht aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr hergestellt, sondern industriell aus einfacher Mais-, Weizen- oder Kartoffelstärke. Glukosesirupe werden auf der Basis etwa von Stärke hergestellt – und bestehen aus Glukose, Maltose und längerkettigen Kohlenhydraten (Oligosacchariden). Mit Hilfe von Säuren werden sie gespalten und zu Sirup verkocht. Glucose-Sirup besteht also aus Zucker-Molekülen, muss sich aber nicht Zucker nennen.
    Je nach Zusammensetzung unterscheiden sich die Glukosesirupe hinsichtlich Viskosität und Süßkraft. Glukosesirupe bewirken, wie hart oder weich ein Karamellbonbon wird und verhindern, dass sich bei Weichkaramellen unerwünschte Kristalle bilden. Dasselbe gilt für die Herstellung von Gelee- und Gummiwaren: Die Wahl des geeigneten Glukosesirups beeinflusst wesentlich die Kaueigenschaften und die Lagerstabilität.
  • Fructose-Glucose-Sirup: Noch süßer wird das Ganze, wenn Fructose hinzu kommt. Es entsteht Fructose-Glucose-Sirup. Sirup klingt erst einmal gesund und ist dazu noch billig – es ist und bleibt Zucker. Bei Knuspermüsli steht diese Zuckerform oft auf der Zutatenliste ganz oben.
  • Maltodextrin: Maltodextrin ist ein Gemisch aus Glucose-Ketten, das wenig süß schmeckt und billig herzustellen ist. Wird als Füllstoff verwendet.
  • Honig: naturbelassener und hat durchaus eine gute Wirkung auf den Körper, besteht aber zu 80% aus Zucker (Trauben- und Fruchtzucker).
  • Karamellzuckersirup: Saccharose, die karamellisiert und in Wasser gelöst wurde.
  • Maltose (Malzzucker): Ein wenig süßer Zucker aus Traubenzuckerbausteinen.
  • Laktose (Milchzucker): Laktose wird aus Milch gewonnen und ist die Zuckerart mit der geringsten Löslichkeit sowie einer deutlich reduzierten Süßkraft. In Bräunungsreaktionen ist die Laktose reaktionsfreudiger als die Saccharose und führt zur Bildung spezifischer Aromen, wodurch wiederum ein besonderer Geschmack entsteht. Sie wird daher gerne in Schokolade und Backwaren verwendet, um die Aromabildung und Bräunung zu unterstützen.
  • Vanillinzucker: ist eine Mischung aus Zucker mit dem synthetisch hergestellten Aroma Vanillin. Es ist einer natürlichen Aromakomponente der echten Vanille chemisch nachgebaut. Wird das echte Vanillegewürz mit Zucker gemischt, nennt sich das Vanillezucker.
  • Aspartam, Acesulfam K, Cyclamat, Saccharin: künstliche Süssstoffe, in „light“- oder Diät-Produkten zu finden. Aspartam wird als sehr gefährlich eingestuft, da es schwere, dokumentierte Nebenwirkungen erzeugen kann. Hersteller: Monsanto.
  • Seit kurzem findet man Bezeichnungen wie Traubenfruchtsüße, Fruchtsüße, Apfelfruchtsüße. Das klingt nach Obst, verspricht also gesunde Süße. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als Zucker.

Wenn man in der Nährwerttabelle unter Kohlenhydrate nachschaut, sieht man, wie viel Zucker wirklich drin ist. Denn dort findet sich meist noch ein kleiner Hinweis auf den Gesamtzuckergehalt („Kohlenhydrate – davon Zucker“).

Und jetzt ?

Dem versteckten Zucker kann leicht entgangen werden, wenn frische lebendige Lebensmittel verwendet werden um zu Hause selbst etwas leckeres auf den Tisch zu zaubern. Wenn der Griff zu industriell abgepackter Ware unvermeidbar ist, dann lohnt sich auf jeden Fall der Blick in die Zutatenliste um dem Zucker auf die Schliche zu kommen.

Quellen und weiterführende Links

2 Gedanken zu „Zucker wird uns unter vielen Namen untergejubelt

  1. Hi!
    Ich habe Deinen Blog gerade erst entdeckt, und bin schon begeistert.
    Ich schmecke meistens so ziemlich alle Zutaten bei normal gekochten Rezepten raus, z.B. auch Zucker in einer Tomatensauce. Aber bei den künstlicheren Sachen schmecke ich gar nichts, außer das Gemisch als Ganzes, wie bei Ketchup. Aber dass zwei Würfelzucker in einem Esslöffel davon sind, hat mich schon überrascht, schon rein platzmäßig…

    • Hallo Nathalie, die Würfelzucker-Analogie gibt es deshalb weil es dadurch einfacher zu vermitteln ist wieviel Zucker wo drinnen ist, da es dadurch bildlicher wird. Zucker an und für sich wird ja durch unterschiedlichste Zusammensetzungen zugeführt, siehe Liste mit den Namen von Zucker. Ist alles ein Riesenschmäh. 😉 Die künstliche Zutatenliste ist ein Universum für sich und die Hochburg der Lebensmittelchemiker. Wer soviel wie möglich selber kocht, entgeht dem Ganzen zumindest größtenteils.

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